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Dienstag, 25. März 2008
Vreden: Zeit, sich um die Geschichte zu kümmern
thomweb, 00:43h
Eine Reise nach Vreden bietet manchmal neue Einblicke in das Leben. Auch wenn man mit Menschen zu tun hat, die man seit seiner Geburt kennt.
Nun ja, ich will jetzt weniger auf die Corvette (lechz!) abheben, die mir am Kreisverkehr an der Ampel (Gaststätte Bussmann) begegnete, im Kreisverkehr. Die letzten Wochen standen im Licht des II. Weltkrieges. Und da sterben uns die Zeitzeugen langsam weg. Mein Schwiegervater kann nicht mehr aus der Sicht der Sowjetunion / Georgiens erzählen, und der Großvater aus Sochaux spricht zu uns aus seinen Schriften.
Andere tun dies in den Medien und machen dabei Aussagen, die einen bis tief ins Innerste bewegen. Ralph Giordano (Herzlichen Glückwunsch zum 85. nachträglich!!!) hat dies mit seiner persönlichen Geschichte zum Kriegsende getan, die kommt am 25. April auf dem WDR und sollte von jedem angehen werden. Gerade die letzten Sätze von Giordano zur Haarfarbe seiner Mutter sind mir ins Mark gegangen.
Aber jetzt zurück zur eigenen Vergangenheit.
Wenn man nach Jahren in einen Ort zurückkehrt, in dem man Teile seiner Kindheit und seiner Jugend verbracht hat, sieht man diesen mit anderen Augen. Geht mir in Grefrath genauso. Am alten Friedhof in Vreden, unweit von dem Haus, in dem ich meine erste schmerzhafte Erfahrung mit einer Katze hatte, ist das Mahnmal für die Toten des II. Weltkriegs. Bis 1945 nicht sehr viele. Im letzten Jahr des Kriegs dann 205.
Wir saßen nach dem Essen beim Dicken Jupp hinterher zum Kaffee. Irgendwann fragte ich dann in die Runde, wann der Bombenangriff auf Vreden war, von dem ich früher schon einmal gehört hatte. Karfreitag, 21. März 1945, fast auf den Tag genau 63 Jahre her. Und dann brach es los. Ich habe nur noch zugehört. Die Geschichten von den Splittergräben hinter dem Haus, dort wo ich als Kind gespielt habe. Als die Tiefflieger kamen, beim Kartoffeln ausmachen. Das letzte Aufgebot der Wehrmacht, das die beiden Brücken über die Berkel sprengte, sinnlos, weil die vorrückenden Truppen einfach einen Panzer reinfallen ließen und dann über diesen gefahren sind. Die Engländer, die feine Tischdecken als Handtücher nahmen. Die tote Familie, die sie aus dem Keller des Hauses gezogen haben und von denen einige am Leben geblieben wären, wenn sie zu Hause geblieben wären.
Und dabei war Vreden kein militärisches Ziel. Kein Verkehrsknotenpunkt wie Wesel. Keine kriegswichtige Produktion wie Schweinfurt. Der Blick auf die Karte zeigt natürlich: Auf drei Seiten sind die Niederlande. Und das ist eine strategische Bedeutung.
Es gibt Berichte von anderen Zeitzeugen. Bald werde ich sie lesen können.
Nun ja, ich will jetzt weniger auf die Corvette (lechz!) abheben, die mir am Kreisverkehr an der Ampel (Gaststätte Bussmann) begegnete, im Kreisverkehr. Die letzten Wochen standen im Licht des II. Weltkrieges. Und da sterben uns die Zeitzeugen langsam weg. Mein Schwiegervater kann nicht mehr aus der Sicht der Sowjetunion / Georgiens erzählen, und der Großvater aus Sochaux spricht zu uns aus seinen Schriften.
Andere tun dies in den Medien und machen dabei Aussagen, die einen bis tief ins Innerste bewegen. Ralph Giordano (Herzlichen Glückwunsch zum 85. nachträglich!!!) hat dies mit seiner persönlichen Geschichte zum Kriegsende getan, die kommt am 25. April auf dem WDR und sollte von jedem angehen werden. Gerade die letzten Sätze von Giordano zur Haarfarbe seiner Mutter sind mir ins Mark gegangen.
Aber jetzt zurück zur eigenen Vergangenheit.
Wenn man nach Jahren in einen Ort zurückkehrt, in dem man Teile seiner Kindheit und seiner Jugend verbracht hat, sieht man diesen mit anderen Augen. Geht mir in Grefrath genauso. Am alten Friedhof in Vreden, unweit von dem Haus, in dem ich meine erste schmerzhafte Erfahrung mit einer Katze hatte, ist das Mahnmal für die Toten des II. Weltkriegs. Bis 1945 nicht sehr viele. Im letzten Jahr des Kriegs dann 205.
Wir saßen nach dem Essen beim Dicken Jupp hinterher zum Kaffee. Irgendwann fragte ich dann in die Runde, wann der Bombenangriff auf Vreden war, von dem ich früher schon einmal gehört hatte. Karfreitag, 21. März 1945, fast auf den Tag genau 63 Jahre her. Und dann brach es los. Ich habe nur noch zugehört. Die Geschichten von den Splittergräben hinter dem Haus, dort wo ich als Kind gespielt habe. Als die Tiefflieger kamen, beim Kartoffeln ausmachen. Das letzte Aufgebot der Wehrmacht, das die beiden Brücken über die Berkel sprengte, sinnlos, weil die vorrückenden Truppen einfach einen Panzer reinfallen ließen und dann über diesen gefahren sind. Die Engländer, die feine Tischdecken als Handtücher nahmen. Die tote Familie, die sie aus dem Keller des Hauses gezogen haben und von denen einige am Leben geblieben wären, wenn sie zu Hause geblieben wären.
Und dabei war Vreden kein militärisches Ziel. Kein Verkehrsknotenpunkt wie Wesel. Keine kriegswichtige Produktion wie Schweinfurt. Der Blick auf die Karte zeigt natürlich: Auf drei Seiten sind die Niederlande. Und das ist eine strategische Bedeutung.
Es gibt Berichte von anderen Zeitzeugen. Bald werde ich sie lesen können.
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Dienstag, 4. März 2008
Wilhelm Gustloff – Fakten besser als Fiktion
thomweb, 02:07h
Der Untergang der Wilhelm Gustloff beschäftigte dieser Tage die deutschen Medien. Das ZDF hat das Thema mit seinem Zweiteiler in die abendliche Prime Time gebracht und damit ein Stück Geschichte aus dem Dunkel des Vergessens gezogen. Glücklicherweise, ohne dass dabei Nazis als Opfer dargestellt worden sind und eigentlich mit gutem Hintergrund.
Ein Artikel bei Spiegel Online brachte es eigentlich auf den Punkt. Fakten und Fiktion wurden vermischt. Es ist kein Dokudrama, es ist eine erfundene Geschichte, aber es ist beides nicht so richtig.
Meine persönliche Meinung tendiert in eine ähnliche Richtung. Wichtiger ist mir persönlich aber, dass die im Anschluss an die Spielhandlung folgenden Dokumentationen des ZDF des Teams um Guido Knopp ergreifender waren als der Spielfilm.
Und nebenbei: damit ist das ZDF endlich einmal seinem Bildungsauftrag nachgekommen, für den die GEZ bei uns abkassiert und mit dem wir sonst Fussball, neue Gebäude, Rundfunkräte und Wetten dass bezahlen, die teuerste Werbesendung im deutschen Fernsehen.
Nun aber zu den Fakten. Im Anschluss an die 90 min Film lief am Montag Abend 45 min Dokumenation. Dabei redeten einige Zeitzeugen. Die Aufnahmen müssen z. T. schon älter sein, denn an einige Sätze konnte ich mich wortwörtlich erinnern, und das war schon einige Jahre her.
Aber zu den Zeugen. Am anschaulichsten vielleicht Frau B. (voller Name in der Sendung genannt). Eine Frau, die Haltung bewahrt. Sie sieht jugendlich aus, sie war 16 beim Untergang der Gustloff, und seitdem sind Jahrzehnte ins Land gegangen. Sie lächelt, als sie von ihrer sechs Jahre alten Schwester und ihrer 42 Jahre alten Mutter erzählt. Als sie von Chopin erzählt, den ihre Mutter immer gerne gehört hat. Und dann, als sie berichtet, wie die Schwester und die Mutter dann plötzlich nicht mehr an ihrer Hand waren, weg gerissen vom Wasser, da werden ihre Augen feucht und ihre Mundwinkel fallen herunter.
Auch die anderen Zeitzeugen, die das ganze durchleben, schluchzen plötzlich, 60 Jahre nach den Ereignissen. Der Mann, der sich durch die Frauen und Kinder drängt und dann von einem Matrosen erschossen wird, vorgetragen mit stockender Stimme. Das waren die Szenen, bei denen ich auch ein Taschentuch brauchte. Und nichts kann den Schrecken eines Krieges besser darstellen als diese Menschen, denen die Erinnerung wieder hochkommt. Für mich ergreifender als der Film vorher.
Und dann dieses Zitate, die ich schon Jahre zuvor in einer Dokumenation über die Gustloff gehört hatte.
„Das Wasser hat ja so eine Macht, das reist alles auseinander“. Die Frau hatte ihre Familie verloren, als sie vom Wasser überspielt wurden.
„Ich habe ihnen nie das Lied alle meine Entchen vorgespielt“. Denn sie hat gesehen, wie die kleinen Kinder tot im Wasser trieben. Den Kopf unter Wasser, die Beine in die Höhe.
Und was in dieser Dokumenation nicht vorkam: „Ich habe nie mehr Fisch gegessen. Denn Fische essen Menschen.“
Besser als in diesen Dingen des Alltags kann man nicht schildern, was der Krieg aus den Menschen macht.
Ein Artikel bei Spiegel Online brachte es eigentlich auf den Punkt. Fakten und Fiktion wurden vermischt. Es ist kein Dokudrama, es ist eine erfundene Geschichte, aber es ist beides nicht so richtig.
Meine persönliche Meinung tendiert in eine ähnliche Richtung. Wichtiger ist mir persönlich aber, dass die im Anschluss an die Spielhandlung folgenden Dokumentationen des ZDF des Teams um Guido Knopp ergreifender waren als der Spielfilm.
Und nebenbei: damit ist das ZDF endlich einmal seinem Bildungsauftrag nachgekommen, für den die GEZ bei uns abkassiert und mit dem wir sonst Fussball, neue Gebäude, Rundfunkräte und Wetten dass bezahlen, die teuerste Werbesendung im deutschen Fernsehen.
Nun aber zu den Fakten. Im Anschluss an die 90 min Film lief am Montag Abend 45 min Dokumenation. Dabei redeten einige Zeitzeugen. Die Aufnahmen müssen z. T. schon älter sein, denn an einige Sätze konnte ich mich wortwörtlich erinnern, und das war schon einige Jahre her.
Aber zu den Zeugen. Am anschaulichsten vielleicht Frau B. (voller Name in der Sendung genannt). Eine Frau, die Haltung bewahrt. Sie sieht jugendlich aus, sie war 16 beim Untergang der Gustloff, und seitdem sind Jahrzehnte ins Land gegangen. Sie lächelt, als sie von ihrer sechs Jahre alten Schwester und ihrer 42 Jahre alten Mutter erzählt. Als sie von Chopin erzählt, den ihre Mutter immer gerne gehört hat. Und dann, als sie berichtet, wie die Schwester und die Mutter dann plötzlich nicht mehr an ihrer Hand waren, weg gerissen vom Wasser, da werden ihre Augen feucht und ihre Mundwinkel fallen herunter.
Auch die anderen Zeitzeugen, die das ganze durchleben, schluchzen plötzlich, 60 Jahre nach den Ereignissen. Der Mann, der sich durch die Frauen und Kinder drängt und dann von einem Matrosen erschossen wird, vorgetragen mit stockender Stimme. Das waren die Szenen, bei denen ich auch ein Taschentuch brauchte. Und nichts kann den Schrecken eines Krieges besser darstellen als diese Menschen, denen die Erinnerung wieder hochkommt. Für mich ergreifender als der Film vorher.
Und dann dieses Zitate, die ich schon Jahre zuvor in einer Dokumenation über die Gustloff gehört hatte.
„Das Wasser hat ja so eine Macht, das reist alles auseinander“. Die Frau hatte ihre Familie verloren, als sie vom Wasser überspielt wurden.
„Ich habe ihnen nie das Lied alle meine Entchen vorgespielt“. Denn sie hat gesehen, wie die kleinen Kinder tot im Wasser trieben. Den Kopf unter Wasser, die Beine in die Höhe.
Und was in dieser Dokumenation nicht vorkam: „Ich habe nie mehr Fisch gegessen. Denn Fische essen Menschen.“
Besser als in diesen Dingen des Alltags kann man nicht schildern, was der Krieg aus den Menschen macht.
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Dienstag, 8. Januar 2008
Neuer Krimi, Tag 1: Ereignisse im wirklichen Leben
thomweb, 00:01h
Heute Morgen ist ein Bauer in Grefrath ums Leben gekommen. Ein Schüler, der über den Bronkhorster Weg Richtung Mühlhausen fuhr, fand die Leiche des Mannes gegen 7:30 im Feld liegend. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
Nun, ich gebe zu, was ich im Manuskript stehen habe, stimmt nicht ganz mit den realen Ereignissen überein. Es sind knapp 10 Grad über Null. Im Manuskript sind es -15 Grad. Aber das ist egal.
Ereignis des Tages, Kreis Viersen: Am Abend des Sonntag geht bei der Leitstelle der Kreisfeuerwehr ein Notruf ein. Die Technik identifiziert das Ortsnetz Viersen. In Wirklichkeit liegt die Straße in Tönisvorst (welcher Ortsteil eigentlich?) und der Löschzug trifft mit 9 Minuten Verspätung ein. Eine Frau stirbt, die gerettet hätte werden können.
Also: Ich werde im meinem Tagebuch des Autors dokumentieren, was sich in diesen Tagen tut. Das kann ich dann als Hintergrund einfügen.
Nun, ich gebe zu, was ich im Manuskript stehen habe, stimmt nicht ganz mit den realen Ereignissen überein. Es sind knapp 10 Grad über Null. Im Manuskript sind es -15 Grad. Aber das ist egal.
Ereignis des Tages, Kreis Viersen: Am Abend des Sonntag geht bei der Leitstelle der Kreisfeuerwehr ein Notruf ein. Die Technik identifiziert das Ortsnetz Viersen. In Wirklichkeit liegt die Straße in Tönisvorst (welcher Ortsteil eigentlich?) und der Löschzug trifft mit 9 Minuten Verspätung ein. Eine Frau stirbt, die gerettet hätte werden können.
Also: Ich werde im meinem Tagebuch des Autors dokumentieren, was sich in diesen Tagen tut. Das kann ich dann als Hintergrund einfügen.
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Amoklauf und Lob
thomweb, 23:55h
Im November 2007 gab es in Köln-Weiden einen Selbstmord eines Schülers, der einen Amoklauf nach dem Vorbild der Columbine High School geplant haben soll. Die Polizei brüstete sich damit, die Tat verhindert zu haben. Zwei Tage später stellte sich heraus: Dem war gar nicht so. Der Amoklauf wurde bereits 4 Wochen zuvor abgesagt, der Selbstmord fand statt, nachdem der Schüler von Polizisten verhört worden war. Und bei der Polizei häuften sich die Ermittlungspannen, die Informationspolitik der Staatsanwaltschaft wurde zum Info-GAU.
Die Kollegen vom WDR haben dies gerade dokumentiert. Wie man sich das von richtigen Journalisten wünscht: Alle Seiten gehört, Informationen gegenübergestellt, in die Tiefe recherchiert. Mein Respekt! Gutes Handwerk.
Dafür zahle ich gerne meine GEZ-Gebühren. UPPS! Der SWR verbietet uns ja, diesen Ausdruck zu benutzen!
Die Kollegen vom WDR haben dies gerade dokumentiert. Wie man sich das von richtigen Journalisten wünscht: Alle Seiten gehört, Informationen gegenübergestellt, in die Tiefe recherchiert. Mein Respekt! Gutes Handwerk.
Dafür zahle ich gerne meine GEZ-Gebühren. UPPS! Der SWR verbietet uns ja, diesen Ausdruck zu benutzen!
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