Sonntag, 15. April 2007
Kurt Vonnegut ist tot
Gedanken zur deutschen Innenpolitik, 50 Jahre zuvor

Der Schriftsteller und Journalist Kurt Vonnegut ist diese Woche im zarten Alter von 84 Jahren gestorben. Viel habe ich von ihm nicht gelesen. Aber das, was ich gelesen habe, ist hängen geblieben.

Das höllische System – im Original Player Piano – ist die Geschichte von Paul Proteus, der zum produktiven Teil der Gesellschaft gehört. Zu den Ingenieuren, die an der Spitze der Gesellschaft stehen und Türen zu neuen Welten aufstoßen. Er beginnt, an der Organisation, die alle Produktionen in den Vereinigten Staaten koordiniert, zu zweifeln. Am Ende stellt er sich gegen die Staatsmacht – und verliert.

In dieser Woche, in der der deutsche Innenminister erneut die weitgehende Aufhebung der Privatsphäre vorantreiben will und er hinter jedem deutschen Bundesbürger einen Kriminellen vermutet, hat der Roman einen besonderen Bezug zur Gegenwart. Und das mehr als 50 Jahre, nachdem er geschrieben wurde. Jeder Bürger im System, auch Paul Proteus, hat eine Lochkarte. Auf dieser sind alle Daten eingetragen. Wer bestimmte Kriterien nicht erfüllt, wird gleich als potentieller Saborteur aussortiert. Was also allen Bundesbürgern blühen könnte, wenn Schäuble das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verletzt, das Eindringen jedes Beamten auf den Rechner, die Datenspeicherung auf Vorrat und die Vernetzung aller Behörden ermöglicht, das hat Vonnegut bereits 50 Jahre zuvor beschrieben.

Auch eine weitere Sache ist Wirklichkeit geworden. Das höllische System spielt in den USA, mehrere Jahre nach dem Krieg, in dem die wichtige Produktion der Industrie zusammengefasst wurde. Die gesamte Produktion wird von Maschinen erledigt. Drehbänke haben die Bewegungen eines gut arbeitenden Drehers auf Magnetband gespeichert und alle Dreher damit arbeitslos gemacht. Der größte Teil der Bevölkerung ist daher im Corps für Instandsetzung beschäftigt, was unseren ABM entspricht. So sind mal eben 20 Menschen damit zu Gange, ein kleines Loch in einer Brücke auszubessern. Ähnlich wie heute: War ich vor 25 Jahren noch Gurken stopfen, so machen die Deppenjobs heute Maschinen.

Kurt Vonnegut war ein Visionär. Gleichwohl hat er einen ziemlich trockenen Humor an den Tag gelegt. Schön, dass es ihn gegeben hat.

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Montag, 9. April 2007
Traum oder Alptraum? Wie man am Niederrhein Häuser abreisst
Wenn es wahr ist, dass Menschen in ihren Träumen Ereignisse verarbeiten, die sie in den vergangenen Monaten belebt haben, dann frage ich mich, warum ich dauernd von Örtlichkeiten am Niederrhein träume und seltener von dem, was sich in Köln abspielt, wo ich seit 21 Jahren wohne.

Heute waren es wieder zwei Träume. Der nach dem Mittagessen fing gut an. Ein Autohändler hatte mir eine Corvette C5 (vorletzte Generation) zur Verfügung gestellt. Mit 6-Gang Schaltgetriebe. Ich setze mich rein, und natürlich brauche ich ungefähr eine halbe Minute, um anzufahren oder eine Gang zu wechseln. Ich glaube, ein alter Lkw aus Georgien überholte mich mit einem Riesentempo.
Jedenfalls fahre ich durch Kempen, in Richtung te Neues bei meiner Schwester vorbei, mitten in der Nacht, und es musste mal wieder ordentlich der Sturm gewütet haben. Äste lagen auf der Straße, ein umgefallener Baum verfängt sich in den aufklappbaren Scheinwerfern. Die nächsten Bäume kann ich umfahren. Beim Blick auf die Tankanzeige muss ich dann aufgewacht sein.

Fast noch besser war es in der Nacht, als ich beim Kichern über den eigenen Traum aufgewacht bin. Wie reisst man in Grefrath Häuser ein? Neben der St. Laurentius Kirche im Zentrum des Dorfes stand ein altes, baufälliges Haus. Als ich dran vorbei gehe, stampfe ich einmal kräftig auf. Und siehe da, das Haus fällt laut polternd in sich zusammen.

Nein, ich war Samstag nur kurz im Dorf. Und nicht in der Nacht.

Eine Sache habe ich geklärt. Die Grenzland Nachrichten schreiben, dass der RSV Grefrath am Samstag eine Radtouristik ausgerichtet hat. Daher also die ganzen Biker auf der Straße. Und mein sehnlicher Wunsch, endlich wieder auf dem richtigen Rad zu sitzen.

Wer hat eigentlich Rund um Köln gewonnen? Wieder Jan Ullrich? Ohne Doping? Gleich mal sehen, was der WDR sagt.

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Sonntag, 8. April 2007
10 Jahre Phoenix
Danke für die schlaflosen Nächte

Am Ostersamstag jährte sich zum zehnten Mal der Tag, an dem sich ein Wunsch von Fritz Pleitgen erfüllte und Phoenix auf Sendung ging. Hatte ich den Sender zuerst nur bei meinen Eltern auf einem der hinteren Programmplätze entdeckt, so ist er nun seit wenigen Jahren und der Anschaffung einer Satellitenanlage auf der 12 meiner Fernbedienung.

Und oft kommt es vor, dass ich nach einem Arbeitstag nach Hause komme, den Fernseher auf der Suche nach Homer Simpson oder einer Gerichts-Talkshow einschalte und die 12 auf dem Röhrenbildschirm erscheint. Denn Phoenix ist mein Nachtsender geworden.

Deshalb sage ich den Machern des Programms:

Danke!

Danke für die schlaflosen Nächte! Danke für die geschwollenen Augen am Morgen! Danke für den Sekundenschlaf am Rechner während der Arbeitszeit!

Denn während RTL seinen Oliver G. ausstrahlt und Einblicke in die Welt der Asozialen Deutschlands zeigt, während bei PRO7 und SAT1 grell geschminkte Zicken die Telefonkosten von Menschen in die Höhe treiben, kommt eben kein South Park mehr und keine Simpsons. Dann suche ich müde nach irgendetwas, was mich in die Nacht begleiten kann.

Und dann sehe ich da plötzlich: Ältere Männer berichten aus der Zeit ihrer Kriegsgefangenschaft in Georgien. Junge Männer stecken nach einem Wassereinbruch in einem Bergwerk in Lengende fest. Eine Kathedrale wurde in Frankreich so hoch gebaut, dass die Innendecke eingestürzt ist. Taucher machen jahrelang Jagd auf ein U-Boot vor der Küste von New Orleans und finden das Messer eines ertrunkenen Matrosen, dessen Schwester Jahre später in die Nähe der Stadt im Süden der USA gezogen ist. Eine Frau berichtet von den Ereignissen im Feuersturm in Dresden.

Das war nur eine kleine Auswahl der Dokumentationen und Filme, die ich in den vergangenen Jahren auf Phoenix verschlungen habe.

Ich sage den Machern des geilsten Programmes im deutschen Fernsehen danke! Und hoffe, dass ich auch in Zukunft die eine oder andere Nacht schlaflos vor dem Fernseher verbringen werde.

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